· 

Ojas, die Lebensessenz

Total fasziniert war ich in meiner Ausbildung vom ayurvedischen Verständnis von Ojas, unserer Lebensessenz. Ojas bedeutet übersetzt auch „Strahlen“ und drückt sich durch Lebensfreude, leuchtende Augen, schimmernde Haut und besondere Anziehungskraft aus. Es entsteht am Ende einer gesunden Gewebserneuerung, sprich dem Verdauungsprozess, und ist  ausschlaggebend für unser Immunsystem und unsere Attraktivität. Spannend finde ich auch das Verständnis von Ojas im Zusammenhang mit Burnout.

 

Wie entsteht Ojas?

Unser Verdauungsfeuer (Agni) hilft dem Körper, sich bei jeder vitalstoffreichen Mahlzeit zu erneuern. Unsere Zellen werden aus dem gebildet, was wir essen. Idealerweise leben wir in einem gesunden Körper, der sich täglich von seinen Abfallstoffen befreit und in dem ein klarer, aufnahmefähiger und freundlicher Geist wohnt.

Wichtig ist ein guter Ojas-Zustand, um die Abwehrkraft und Regenerationsfähigkeit des Körpers zu gewährleisten. Darauf zielen auch die zahlreichen Maßnahmen des Ayurveda ab, die sich der Verjüngung widmen, die Rasayanas. Ohne gutes Ojas gibt es auch keine gesunde Psyche. Es ist ein Schutz vor psychischen Erkrankungen wie z.B. Depressionen oder Burnout. Leiden wir zu sehr unter Stress, mentaler Anspannung oder einer energieraubenden Lebensweise, bezahlen wir das mit unserer Ojas-Energie. Übermäßige Computerarbeit, sitzende Tätigkeiten, Fast Food oder ein unruhiger Lebensstil mit vielen Jetlag-provozierenden Reisen mindern unsere Ojas-Energie.

 

Im Ayurveda wird davon ausgegangen, dass jeder Mensch als göttliche Gabe acht Tropfen Grundenergie (Paramojas) mitbekommen hat. Diese acht Tropfen sind nicht erneuerbar, durch keine Therapie zu erzeugen und werden im Laufe des Lebens aufgebraucht. Wie schnell dieser Verbrauch stattfindet, hängt vom sorgfältigen Umgang mit den Energien ab. Burnout tritt zu dem Zeitpunkt auf, zu dem ein Mensch zu viel Paramojas (Vitalessenz) aufgebracht hat.

Im Gegensatz zu Paramojas ist Aparamojas (aktualisierte Energie) erneuerbar und rückgewinnbar. Sie entsteht als feinstoffliche Essenz am Ende einer gut funktionierenden Verdauungskette als kostbarstes Produkt. Verläuft die Verdauung unvollständig, entsteht kein Aparamojas. Man gewinnt es in erster Linie durch gute, sattvige Ernährung, die vegetarisch, frisch und naturbelassen ist und mit kräftigenden und verjüngenden Kräutern ergänzt wird, wie z. B. Ginseng und Ashvagandha.

Außerdem werden maßvolle sexuelle Betätigung, maßvolle und nicht leistungsorientierte Bewegung sowie gezielter, gemäßigter und sorgfältiger Einsatz der Sprache als Aparamojas-förderlich angesehen. Die Hingabe an eine übergeordnete Macht stärkt Ojas (Lebensessenz) am wirkungsvollsten.

 

Entsteht ein Ojas-Mangel, z. B. durch Überanstrengung, falsche Ernährung, während einer Schwangerschaft oder im Alter, so entsteht Krankheit. Gegensteuern kann man mit sogenannten Rasayanas, das sind alle essenziellen Nahrungsmittel und Verjüngungsmittel, die Ayurveda kennt.

 

Nach einer Zeit körperlicher, geistiger oder seelischer Belastungen benötigt der Organismus eine Phase der Erholung, um anschließend wieder voll leistungsfähig zu sein. Wenn das nicht möglich ist, dann entsteht ein Burn-Out, ein „Ausgebrannt-sein“. Es gibt auch das sogenannte Bore-Out, bei dem es durch Unterforderung und Langeweile zu demselben Zustand des Ausgebrannt-Seins kommt.

 

Wie kommt es nun aus ayurvedischer Sicht zu einem Burn-Out?

Durch unseren heutigen Lebensstil mit rasanten Veränderungen, Hektik, Informations- und Reizüberflutung und Werteverlust werden Menschen, die den heutigen Anforderungen genügen wollen, zu einem pitta-rajasigen (feurig-hektischen), nach außen gerichteten Lebensstil gezwungen.

Durch die alleinige Außenorientierung und die beschleunigte Lebensweise verlieren sie den Kontakt zur ihnen innewohnenden, natürlichen, sattvigen Weisheit, die Intelligenz und das Verständnis für die Harmonie eines gesunden Lebens. Der laute fordernde Alltag wird viel klarer und eindrücklicher wahrgenommen als die viel leisere Stimme der natürlichen Weisheit.

 

Viele Menschen sind tagsüber voll im feurigen Rajas, während sie abends ins düstere Tamas (Schwere) verfallen. Das klare, helle Sattva, aus dem die wirkliche Erkenntnis kommt, bleibt auf der Strecke, weil wir hektisch damit beschäftigt sind, uns zu behaupten und den Intellekt einsetzen.

Auf diese Weise entsteht eine unnatürliche Vikriti (momentaner Konstitutionszustand), ein Ungleichgewicht im Energiehaushalt und ein Mangel an Lebensenergien (Ojas).

 

Neben schädlichen äußeren Umständen begünstigen auch persönliche Faktoren ein Burnout. Diese Persönlichkeitsaspekte sind hohe Leistungs- und Identifikationsbereitschaft, Perfektionismus, Ehrgeiz, mangelnde Abgrenzung, der Wunsch, beliebt zu sein, mangelnde Stressbewältigungsstrategien und andere.

 

Um festzustellen, ob man unter einem Mangel an Ojas (Lebensessenz) leidet, kann man die folgenden 6 Fragen beantworten:

 

1. Fühlst du dich ständig müde, energielos und ausgebrannt?

2. Hast du eine blasse, fahle Haut, stumpfe Augen und ev. Augenringe?

3. Leidest du unter Lustlosigkeit, Erschöpfung oder psychischen Beschwerden?

4. Ist dein Immunsystem instabil und bist du trotz Erholungsphasen chronisch angeschlagen?

5. Leidest du unter schwacher Libido oder unerfülltem Kinderwunsch?

6. Treffen zwei oder mehr Gefühle von den folgenden auf dich zu: unzufrieden, unerfüllt, unglücklich, unruhig, angespannt, reizbar, leer, schwach, überempfindlich, permanent gestresst, von Trauer überwältigt, alt, verbraucht?

 

Werden zwei oder mehr Fragen mit Ja beantwortet, ist es an der Zeit, sich mit sich auseinander zu setzen und eine ayurvedische Beratung oder Burnout Präventions-Workshop in Betracht zu ziehen.

 

In diesem Sinne wünsche ich dir, dass du dein Ojas täglich vitalreich erneuern kannst und sein Strahlen dich umgibt und aus deinen Augen leuchtet.

 

Herzlichst, deine Cornelia Pessenlehner

Kommentar schreiben

Kommentare: 0